Götter im Kino
 

 
Neuerdings habe ich eine unerwartete Quelle religionswissenschaftlicher Information entdeckt: Bollywood-Filme. Nachdem ich zum ersten Mal einen der dreistündigen indischen Filme voller Kitsch, Drama und Popmusik gesehen hatte ('In guten wie in schweren Tagen'), wollte ich eigentlich nur im Internet erfahren, was für ein Fest da am Anfang gefeiert wird. Voller Erstaunen merkte ich, dass die mythologische Bedeutung des Festes genau der Story des Filmes entsprach. Danach habe ich weitergesucht und fand heraus, dass dies auf viele Filme zutraf.
In Indien sind die religiösen Mythen offenbar so lebendig, dass sie die moderne Alltagskultur durchdringen. Außerdem ist der indische Film-Alltag voller Rituale. Nicht nur, dass die Leute in den Tempel gehen oder um Hilfe beten, wenn etwas ansteht – auch das häusliche Leben ist von religiösen Ritualen geprägt. Sie werden häufig als Sinnbilder eingesetzt, um eine Person oder Situation zu charakterisieren. Für mich hat das so einen hohen Reiz, weil in meiner Umwelt keine verbindlichen Alltagsrituale existieren, geschweige denn, dass meine Naturreligion im gemeinsamen Alltag verankert wäre. Es lässt mich davon träumen, wie auch wir zu einer stärkeren Verbindung von Alltagsleben und Spiritualität kommen können.
Deswegen habe ich hier zusammengestellt, wie die religiösen Elemente in indischen Filmen (die nach europäischen Maßstäben populäres Kommerzkino sind) entdeckt werden können. Dabei habe ich mich auf die hinduistische Religion beschränkt, obwohl in den Filmen natürlich auch Moslems, Christen, Sikhs, Parsen und tibetische Lamas mit ihren Ritualen vorkommen. Nicht in allen indischen Filmen kommen mythologische Themen vor; auffällig häufig sind sie allerdings in Filmen, die erneuern wollen – politisch, sozial oder künstlerisch – und die auch mit Blick auf das westliche Publikum gedreht wurden.
Ich verwende im Text die deutschen Filmtitel, weil sie für uns besser zu behalten und zu unterscheiden sind. Oft sind sie allerdings so dämlich und haben mit dem Originaltitel so wenig zu tun (vergleichbar mit deutschen Übertragungen von Buchtiteln), dass ich die Übersetzung der Originaltitel in den Quellenangaben mit erwähnt habe.

Vorweg eine Anmerkung zu Unterschieden in den kulturellen Grundannahmen zwischen Indern und Europäern: während bei uns die Beziehung eines (Ehe-)paares als die Grundeinheit der Familie gilt, ist es in Indien die Beziehung eines Sohnes zu seinen Eltern. Die Ehefrau wird von den Eltern ausgesucht und zieht in deren Haushalt, so dass Eltern, Söhne, Schwiegertöchter und Enkel zusammenleben. Während es in den Filmen häufig darum geht, den selbstgewählten Partner gegenüber den Eltern durchzusetzen, bleibt das im indischen Alltagsleben die Ausnahme. Und im Grunde animieren die Filme auch nicht dazu, dies zu ändern: so wie sich im deutschen Schlager Herz auf Schmerz reimt, kommt kaum ein Bollywood-Song ohne „pagal“ oder „deewana“ aus, was beides „verrückt sein“ bedeutet; wer verliebt ist, ist nicht ganz normal. Die Held/innen verlieben sich in die Person, die sie am meisten nervt, verfolgt, ärgert oder herabsetzt – nicht gerade Grundlage einer erfolgversprechenden Partnerwahl.

Religion im Alltag
Während Tempelpriester immer Männer sind, werden die häuslichen Rituale (eine verkürzte Form des ‚Puja’ genannten Tempelrituals) in der Regel von Frauen vollzogen. Und auch in den Filmen sind es meist Frauen, die sich im Gebet an Gottheiten wenden, sobald die wichtigste Entscheidung der Geschichte ansteht. Mir gefällt diese Form, Alltagsanliegen vor die Götter zu bringen, weil so Spiritualität und Alltag miteinander verwoben werden. In Filmen wird öfter ausgesprochen und gezeigt, dass die Gottheiten jede ernsthafte Bitte erfüllen.
Der hinduistische Tag beginnt bereits mit einer Puja und einem Gesang, im Film meist 'Om Jai Jagdish Hare', das den Weltenschöpfer als Vater und Mutter preist, der/die beschützt und vor Schaden bewahrt. Ein wunderschönes, sehr berührendes Lied. Die Idee, den Tag mit einem Lied/Gebet und einem Segen zu beginnen, hat für mich eine große Anziehungskraft. Ich bin mir sicher, dass sich diese Energie durch den Tag trägt und ihn verändert.
Gleichzeitig hat es eine völlig banale dramaturgische Nebenbedeutung, wenn eine Frau im Film dies Lied singt: sie erweist sich als „gute“, d. h. traditionelle Inderin die es wert ist, geheiratet zu werden. So singt es Simran in ‚Wer zuerst kommt, kriegt die Braut’ um ihrem Vater zu zeigen, dass sie gehorsam sein wird, wenn er ihr erlaubt, mit Freundinnen durch Europa zu reisen.

Tina in ‚Und plötzlich ist es Liebe’ beweist damit, dass sie auch beim Studium in England die Tradition nicht vergessen hat. Puja (sic!) aus ‚In guten wie in schweren Tagen’ zeigt singend ihre Verwandlung von der Egozentrikerin zur verantwortungsbewussten Frau.

Megha in ‚Denn meine Liebe ist unsterblich’ ist bis zu ihrem Suizid die gehorsame Tochter ihres Vaters und gibt ihm den Morgensegen. In ‚Fire’ wird es im Off gesungen, während der Milchmann seine Runden mit dem Fahrrad macht.
Ausführlich wird die häusliche Puja bei religiösen Festen vor der Statue einer Gottheit vollzogen (keine Hütte, kein Appartement ohne Hausaltar!). Eine Kurzform gibt es beim Eintreten eines Gastes ins Haus. Geehrt wird hier entweder ein Gott als höchster Gast oder das Göttliche im Gast, der das Haus betritt. Diese tägliche Erinnerung daran, dass uns das Göttliche im menschlichen Gegenüber begegnet, gehört auch zu den Dingen, die ich übernehmenswert finde.

Im Film sieht man dann eine Frau einen Teller um den Kopf eines Menschen schwenken. Auf dem Teller sind Räucherstäbchen, Schälchen mit brennenden Dochten in Butterschmalz, Blüten und Opferspeisen. Beim Morgenritual werden manchmal der Rauch über den Kopf gestrichen, die Opferspeisen gegessen oder ein Farbpunkt auf die Stirn aufgetragen: Alle drei Handlungen sollen den göttlichen Segen auf den Menschen übertragen.

Zwei besondere Lebenssituationen kommen in den Filmen so häufig vor, dass ich sie auch unter die Alltagsrituale einordnen will: Hochzeit und Tod.
Der Film‚Und plötzlich ist es Liebe’ beginnt damit, dass Rahul mit traurigem Blick vor einem rechteckigen, brennenden Holzstoß, neben einem Gewässer steht.

In der nächsten Einstellung sitzt Rahul lachend und scherzend mit rotem Turban vor einem kleinen Feuer, neben ihm eine Frau, die einen Schleier trägt und reichlich mit Gold geschmückt ist. Wer sich mit indischen Alltagsritualen auskennt, identifiziert die erste Einstellung als Erinnerung an eine Einäscherung, die zweite als eine Hochzeit und weiß, dass Rahul um seine Frau trauert.

Die Ritualelemente einer Hochzeit zu kennen ist auch für die Filme wichtig, in denen keine vorkommt: In den Tanzeinlagen werden sie oft zitiert, um zu zeigen, dass eine Person sich eine Hochzeit wünscht oder sie verspricht. Mir fällt es manchmal schwer, Hochzeitsszenen von den ebenfalls sehr aufwändig begangenen Verlobungen zu unterscheiden. Da muss ich dann darauf zurückgreifen, dass bei der Verlobung noch der falsche Mann neben der Braut steht.
Die Braut wird von den Freundinnen geschmückt: Ihre Hände werden mit Henna bemalt, sie bekommt die Hochzeitskette (wie bei uns den Ehering) und jede Menge Goldschmuck, v. a.  einen Nasenring. Manchmal trägt sie einen Schleier aus Fransen vor dem Gesicht, immer aber ist ihr Haar von einem Schleier bedeckt. Rot und Gold sind die traditionellen Brautfarben. Der Bräutigam trägt einen Turban und kommt, von Freunden begleitet, zum Haus der Braut geritten (oder fährt wenigstens ein tolles Auto). Er darf strahlend glücklich sein, während die Frau traurig auszusehen hat – vielleicht weil sie ihre eigene Familie verlieren wird? Sie hängen sich gegenseitig Blumengirlanden um den Hals.

Die eigentliche Zeremonie besteht darin, dass sie gemeinsam um ein Feuer schreiten, wobei ihre Schals aneinandergeknotet sind. Manchmal streicht der Mann seiner Braut rote Farbe in den Scheitelansatz, oder berührt ihn einfach mit dem Daumen.
Wenn eine Frau nach der Hochzeit das erste Mal über die Schwelle des Hauses ihrer Schwiegerfamilie geht, muss sie mit einem Fuß ein Reisgefäß umstoßen. Ihre ersten Schritte werden sichtbar gemacht, indem sie erst durch rote Farbe und dann über eine Stoffbahn, oder barfuß durch Mehl geht.
Hinduistische Bestattungen sind immer Verbrennungen. Der Scheiterhaufen wird von den nächsten männlichen Verwandten angezündet.

Die weiblichen Verwandten stehen entweder weiter weg oder sind überhaupt nicht da. Der „Sati“, also die Verbrennung der lebendigen Witwe mit ihrem Mann wird in historischen Filmen manchmal gezeigt, um dem Helden Gelegenheit zu geben, seine Angebetete zu retten. Er besagt außerdem, dass es sich um sozial hochgestellte Personen handelt, weil er nur für Bramahninnen, Mitglieder der höchsten Kaste, gedacht war.
Die Asche wird in eine kleine Urne getan und von den Angehörigen in ein heiliges Gewässer geschüttet. Das gibt in Filmen Anlass zu Reisen, auf denen Menschen zusammengeführt werden: In ‚Ich bin immer für dich da’ muss der Held erst seinen Bruder finden, damit sie gemeinsam die Asche des Vaters in den Fluss streuen können. Und in ‚Veer und Zaara’ macht sich Zaara alleine auf die gefährliche Reise über die pakistanisch-indische Grenze, um ihre Amme im heiligen Ort der Sikhs beisetzen zu können.

Von den Verstorbenen werden Fotos aufgehängt, um die Blumenketten hängen. Wenn die Heldin ihrem Feind also sagt, sie werde sein Foto bekränzen, wie in ‚Karan Arjun’, heißt das, dass sie ihm den Tod wünscht. Und wenn in einer Wohnung umkränzte Fotos hängen, handelt es sich um verehrte Tote.

 

Problematisch für mich als deutsche Zuschauerin ist die häufige Verwendung der Swastika in Bollywoodfilmen. Auf Sanskrit bedeutet „Swastika“ „das zum Gut-sein gehörende“, „das Heilbringende“ und sie wird als Glücksbringer immer wieder auf Hauswände oder Ritualtabletts gemalt. In Indien gehört sie zu den positiven Alltagsritualen. Aber ich kann sie in Filmen nie sehen, ohne an das Hakenkreuz der Nazis zu denken. Bei allem Wissen darüber, dass sie ein uraltes Symbol für die Sonne und die Erneuerung des Lebens ist, ist meine unmittelbare Gefühlsreaktion jedes Mal ein Schreck, die Assoziation von Gewalt und Terror, und für den Moment ist es mit dem Feel-Good-Effekt der Bollywoodfilme für mich vorbei.

 
 

Durga (Film: ‚Heute Liebe, morgen Rache’)

Wenn in indischen Filmen von „der Göttin“ die Rede ist, ist in der Regel Durga damit gemeint. Wobei sich die Verfasser der deutschen Synchronisationen mit der Göttin schwer tun, alles Göttliche/Heilige wird oft schlicht mit „Gott“ übersetzt. Ein Grund mehr, die Filme auf Hindi mit Untertiteln zu sehen, die sind dichter am Originaltext und erklären Manches, das in der Synchronisation verwirrend ist.
Durga ist die wohl populärste Göttin im Hinduismus und in dieser Form keinem Mann zugeordnet. Ihr Mythos berichtet von dem Dämon Mahishasura, der nur von einer Frau getötet werden konnte. Er wurde immer arroganter, terrorisierte mit seiner Armee Himmel und Erde und wollte schließlich Herrscher des Himmels werden. Alle sollten ihn anbeten. Die Götter und himmlischen Wesen (Devas) wurden so zornig, dass sich das Licht, das ihre Körper ausstrahlten, vereinigte und die Gestalt einer Frau annahm: Durga entstand. In ihre vielen Arme gaben die Götter ihr die eigenen Waffen: Shivas Dreizack, Vishnus Diskus usw. Von der Sonne erhielt sie die Strahlen, die aus ihr leuchten, vom Himalaya einen Löwen (manchmal auch: Tiger) als Reittier. Sie kämpfte mit dem Dämon, der ständig andere Tierformen annahm und besiegte ihn in seiner ursprünglichen Büffelform. Der Büffel steht als Symbol für Kraft, Verblendung, Egoismus und geistigen Tod, die anderen Tierformen für die sechs Übel (etwa wie die christlichen Todsünden): Begierde/Unzufriedenheit, Zorn, Geiz, Verblendung, Hochmut, Neid.
Durgas Sieg wird Ende September/Anfang Oktober mit der viertägigen ‚Durga Puja’ gefeiert. In Nordindien schließt sich direkt das Dussehra-Fest (s. u.) an.
Eine zentrale Rolle spielt Durga in dem Film ‚Heute Liebe, morgen Rache’. Obwohl ich Action- und damit auch Rachefilme überhaupt nicht mag, hat mich die Verknüpfung von Filmgeschichte und Religion auch hier fasziniert. Der Film beginnt damit, dass sich der reiche Vijay in die Stewardess Shivani verliebt. Er verfolgt und belästigt sie mit seiner Aufmerksamkeit – was erst mal normal ist für indische Filme, wo Werbung und Stalking schwer auseinander zu halten sind. Diese sehr eigenartigen Liebeswerbungen erklären sich vermutlich damit, dass eine tugendhafte Frau bis nach der Hochzeit kein Interesse an Männern zeigen darf (und danach natürlich auch nur an ihrem Ehemann). In diesem Film hat Shivani einen Verlobten, um klarzumachen, dass Vijays Annäherung unwillkommen ist. Wie der Dämon steigert sich Vijay in der Arroganz seiner Verfolgung, bis er gewalttätig wird – und dabei fordert, sie solle sagen, dass sie ihn liebe. Schließlich hat Shivani alles verloren, was sie im Leben liebte – Mann, Tochter, Schwester, ungeborenes Kind sind von Vijay und seinen Helfern ermordet worden – und sie sitzt unschuldig im Gefängnis. Nachdem sie durch Prügel die Fehlgeburt erleidet, wandelt sie sich von der Duldenden zur Rächerin: „Wisch diese Tränen weg, die eine Frau schwach machen. Weißt du, warum eine Frau zum Gegenstand von Quälereien wird? Weil sie alles erduldet. Aber was die Menschen nicht wissen, ist, dass die erduldende Kraft einer Frau wie Mutter Erde ist, die alle Arten von Grausamkeiten in sich birgt. Aber wenn ihr Zorn seine Grenze erreicht, zerstört er jeden. Menschen sehen eine Frau als Mutter, Schwester und Tochter, aber nie in Gestalt der Göttin Durga.
Shivanis Freundin im Gefängnis erreicht, dass alle Frauen gemeinsam eine Durga-Puja feiern dürfen.

Während des Rituals wendet sie sich vom Göttinnenbild ab und singt Shivani direkt an: „Heil sei dir, Göttin Durga“. Sie bläst in ein Muschelhorn, und während Shivani mit ihrem Rachefeldzug beginnt, singen die Frauen: „Sie befreit die Welt von Sünden und erhält Gerechtigkeit. Eine Frau fürchtet nicht das Gesetz oder die Konsequenzen.“
Shivani tötet zuerst Vijays Helfer, so die Gefängnisdirektorin, die daran verdiente, das sie die Gefangenen zur Prostitution zwang (das Übel der Begierde) und ihren Schwager, dem es zu teuer war, ihre Tochter aufzuziehen (Symbol für den Geiz). Als sie Vijay findet, ist er krank, so dass sie ihn erst pflegen, sprich: in seine wahre Gestalt zurückverwandeln muss, bevor sie ihn töten kann. Dazu nimmt sie ihn mit in einen Durga-Tempel, treibt ihn mit Durgas Dreizack über einen Abhang.

Als er sich an ihr festhält, stürzt sie sich selbst mit ihm hinunter. „Dein Tod ist wichtiger als mein Leben.“ Wahrlich göttliche Konsequenz!
 
 

Kali (Film: ‚Karan Arjun’)

Wie bei allen indischen Gottheiten sind in der mehrtausendjährigen Geschichte ihrer Verehrung viele widersprüchliche Mythen über Kali entstanden. Für mich ist das Spannendste an Kali die Idee, dass Tod zur Erhaltung des Lebens dient.
Nach einem Mythos soll sie aus Durgas Braue entsprungen sein, um die Dämonenarmee zu töten und wird deswegen als kraftvollste Verkörperung Durgas gesehen. Die meisten Darstellungen zeigen Kali mit schwarzer Haut (ihr Name bedeutet sowohl „Schwarz“ als auch „Zeit“) und vier Armen. Zwei der Arme halten ein Schwert und einen abgeschlagenen Kopf, weil sie der Tod ist, dem niemand entgehen kann. Die beiden anderen Hände werden meist in einer Segensgeste gehalten, zum Zeichen, dass sie ihre Anhänger rettet und führt. Sie trägt eine Kette aus 51 Köpfen, die nicht etwa Tote darstellen, sondern die Buchstaben des Sanskrit, von denen jeder einen anderen Aspekt ihrer Energie repräsentiert: sie ist die Mutter der Sprache und der Mantras. Ihre Zunge ist blutig, weil sie das Blut der Dämonen trank, damit es nicht auf die Erde fallen und diese zerstören konnte. Weil ihre Kraft so groß ist, dass sie alles zerstören kann, hat sich ihr Gefährte Shiva wie tot unter ihren Fuß gelegt, um ihren Tanz aufzuhalten. Sie ist die reine Energie, jenseits aller Eigenschaften, die weiterbestehen wird, wenn das Universum vergeht.

In Europa wird Kali oft mit dem Dämon der Zerstörung verwechselt, weil beide Namen in der lateinischen Umschrift gleich geschrieben werden, obwohl sie im Sanskrit unterschiedlich geschrieben und ausgesprochen werden: die Göttin mit langen ‚a’ und ‚i’, der Dämon mit kurzem ‚a’ und ‚i’. Heutzutage wird Kali in Indien meist als beschützende Muttergottheit verehrt.
Bezug auf Kali nimmt ein weiterer Rache-Film: ‚Karan Arjun’. Er beginnt mit dem Vorspann: „Dies ist eine Geschichte über Glauben. Glauben, der das Unmögliche möglich macht.“ und erzählt die Geschichte von Durga (indische Namen haben meist eine Bedeutung, auch in der Realität werden Kinder nach Göttern und Helden benannt). Ihr Schwager hat ihr Vater, Großvater und Erbe genommen. Als der Schwager auch ihre Söhne, Karan und Arjun (benannt nach zwei Helden aus dem Mahabharata-Epos) ermorden lässt, wendet sich Durga im Tempel an Kali und fleht sie an „Du bist auch eine Mutter. Und eine Mutter kann nicht die Gebärmutter einer anderen zerstören. Meine Söhne sind Gaben, die ich von dir empfangen habe. Du kannst ein einmal gegebenes Geschenk nicht zurücknehmen. Du musst meine Söhne zurückgeben. Gib mir meine Söhne zurück, Mutter!

Sie schlägt die Stirn auf den Altar, bis die Tempelglocken (die die Gläubigen sonst benutzen, um die Gottheiten auf sich aufmerksam zu machen) von allein anschlagen. Zwanzig Jahre verliert sie ihren Glauben nicht, dass ihre Söhne zurückkommen und Rache nehmen werden. Eine so unbedingte Konzentration auf ein Ziel hatte auch Shivani in ‚Heute Liebe, morgen Rache’.
Während die Tempelglocken anschlagen, werden Durgas Söhne weit entfernt wiedergeboren. Als sie erwachsen werden, haben sie immer widerkehrende Erinnerungs-Flashbacks an ihr früheres Leben. Sie finden sich, kehren zu Durga zurück und vollziehen die Rache.
 

Sita und Rama

Am häufigsten tauchten in den Filmen Bezüge zum Gott/Helden Rama auf. Ich gebe erst eine Kurzfassung des Mythos (er ist aufgeschrieben im ‚Ramayana’) und gehe dann auf  einige Filme ein.
Zunächst die Vorgeschichte (ich gebe zu, dass ich es gewöhnungsbedürftig und verwirrend finde, dass alle Personen gleichzeitig auch noch jemand anders sind): Die Erdgöttin kommt zum Schöpfergott Brahma und klagt, dass sie geplündert und Leben zerstört werde. Am schlimmsten sei der zehnköpfige Dämon Ravana. Brahma und die Erdgöttin bitten Vishnu, den Welterhalter, um Befreiung von dem Tyrannen Ravana. Vishnu verspricht, Ravana zu töten, indem er als Mensch auf die Erde kommt: als Königssohn Rama. Vishnus Frau Lakshmi und sein Freund Ananta Sesha wollen Vishnu nicht verlassen. Ananta Sesha kommt als Ramas Bruder Lakshman auf die Erde, Lakshmi als Prinzessin eines Nachbarreiches mit Namen Sita. Bis kurz vor Schluss der Geschichte weiß niemand, dass sie Götter sind. Sie gelten allerdings als ideale Menschen und Verkörperung aller Tugenden: Mitgefühl, Mut, Ergebenheit gegenüber religiösen Werten und Pflichten.
Die Hauptgeschichte: Sita ist ein Findelkind, das in einer Ackerfurche entdeckt wird und deswegen als Tochter der Erdgöttin gilt ('Sita' bedeutet 'Furche'). Sie wird von einem Königspaar erzogen. Um einen Mann für sie zu finden, stellt der König als Prüfung, dass ein König den Bogen des Gottes Shiva spannen kann. Bei der Prüfung zeigt Rama übermenschliche Kraft, indem er den Bogen zerbricht, als er ihn spannen will. Dadurch gewinnt er Sita als Ehefrau.
Rama beweist seine Tugendhaftigkeit, als er in den Wald ins Exil geht, damit sein Vater ein gegebenes Versprechen halten kann: die Sohnespflicht ist ihm wichtiger, als selber König zu werden. Lakshman und Sita begleiten ihn, während der König aus Trauer über den Verlust des Sohnes stirbt. Sita wird von Ravana, der sie auch heiraten wollte, gekidnapped und Rama braucht ein Jahr, bis er sie findet. Er kann sie befreien, nachdem er Ravana mit einem Pfeil erschossen hat. Das fällt zeitlich mit dem Ende seines Exils zusammen, Rama kann zurückkehren und wird zum König gekrönt. Da es aber öffentliche Zweifel daran gibt, ob Sita in dem Jahr auch keusch geblieben war, unterzieht sie sich einer Feuer-Prüfung: Sie besteigt einen Scheiterhaufen und bleibt als Zeichen ihrer Reinheit unverletzt. Die Untertanen zeigen sich unbeeindruckt, und da Rama seine Königspflicht über die Liebe stellt, muss Sita zurück ins Exil und Rama einsam leben. Da ist Sita aber schon von Rama schwanger. Sita wohnt in einer Einsiedelei, bringt Zwillingssöhne zur Welt und zieht sie alleine auf. Als Rama seine Söhne anerkannt hat, bittet Sita die Erdgöttin um Erlösung aus einer ungerechten Welt; eine Erdspalte öffnet sich und nimmt sie auf.
(In der Mythologie ist jede Etappe dieser Rahmenhandlung eine eigene Geschichte mit Widersachern, Helfern, Kriegen, Anrufungen und Interventionen von Gottheiten.)

Feste und Filme zur Geschichte von Rama und Sita:
(Filme: ‚Swades - Heimat', ‚In guten wie in schweren Tagen', ‚Fire’)
Dussehra ist ein mehrtägiges Fest. An einem Tag werden die Werkzeuge geehrt, mit denen man den Lebensunterhalt verdient ('das Göttliche in den Werkzeugen sehen'), einer ist der traditionelle Einschulungstag. Mythologisch wird Ramas Sieg über Ravana begangen: wie er mit Pfeil und Bogen den zehnköpfigen Dämon besiegt und Sita befreit.
Im Film ‚Swades - Heimat'  heißt die weibliche Hauptperson Gita, was ja schon auf Sita verweist, die männliche Hauptperson, Mohan, lebt in Amerika, was das Exil-Thema aufgreift. Sie treffen sich in einem Dorf, bei dem die Fußspuren von Sita und Rama in einem Stein zu sehen sind, treten also in deren Fußstapfen.

Gita als Lehrerin wird 'gefangengehalten' von Traditionen, die verhindern, dass ältere Mädchen oder Kinder niedriger Kasten zur Schule gehen dürfen. Das Kastenwesen bedingt, dass sich Menschen den Beruf nicht frei wählen dürfen (auch wenn sie im ererbten Beruf verhungern) und die Werkzeuge, mit denen die meisten ihren Lebensunterhalt verdienen, gering geschätzt werden. Im Film wird die Feier des Dussehra-Festes gezeigt, mit einer Aufführung des Kampfes von Rama und Lakshman gegen Ravana und seine Helfer. Dabei spielt Gita Sita, die an ihrem Glauben an Rama festhält, egal wie sehr Ravana sie umwirbt. Mohan nutzt die Gelegenheit, um davon zu singen, dass Rama und Ravana das Gute und Böse in uns selbst sind, und dass dieser Kampf in uns selbst stattfinden muss. Wenn man genau hinsieht, sieht man die zehn Köpfe der Ravana-Figur, ein großer Mittelkopf und die kleinen wie eine Stange Ohren zu beiden Seiten.

Durch diese Aufführung finden die Dorfbewohner das Gute in sich selbst, und am nächsten Tag dürfen auch die Mädchen und die armen Kinder in die Schule kommen. Mohan baut mit den einfachen Arbeitern eine wassergetriebene Turbine (i. e. ein Rad: das zentrale Symbol des Hinduismus), so dass das Dorf Strom bekommt und ein neuer Stolz auf die Arbeit und die Werkzeuge entsteht.

Das Diwali-Fest findet zu Neumond Ende Oktober/Anfang November statt. Wie viele der Feste ist es mehrtägig, der zweite Tag gilt als Geburtstag der Göttin Lakshmi und hat so einen Bezug zu Sita. Lakshmis Segen ist unerlässlich für ein wohlhabendes, fruchtbares und friedliches Leben.
Anlass des Diwali-Festes ist, dass Rama heimkehrte und zum König gekrönt wurde. Das Volk entzündete Lichter, um dem heimkehrenden Rama den Weg zu weisen. Ursprünglich waren das Öllichter und Kerzen, heutzutage feiert man Diwali auch mit elektrischen Lichterketten.
Am dritten Tag des Festes bewegen Ehefrauen ein Tablett mit Lichtern segnend um den Kopf ihrer Ehemänner herum, was diesen Glück bringen soll.

Diese Szene bildet den Anfang des oben schon erwähnten Filmes ‚In guten wie in schweren Tagen'. Er erzählt die Geschichte einer Familie mit zwei Söhnen. Der Älteste wird vom Vater verstoßen, weil er sich seine Ehefrau selbst aussucht, anstatt die vom Vater Ausgewählte zu heiraten. Er zieht mit seiner Familie nicht in den Dschungel, sondern nach London, was jedoch nach Meinung seiner Frau  ein ähnlich unzivilisierter Ort ist. Die zurückgebliebene Familie leidet unter der Trennung, bis sich der jüngere Sohn auf die Suche nach dem Bruder macht und ihn Schritt für Schritt dazu bringt, wieder nach Hause zurückzukehren – das Rama-und-Lakshman-Motiv. Besonders erfreulich finde ich, dass der Vater erst seine Meinung ändert, nachdem ihm seine Frau die Meinung geigt: „Ich habe danach gelebt, dass der Ehemann für eine Frau ein Gott ist. Aber Götter machen keine Fehler, und dass du unseren Sohn verstoßen hast, war ein Fehler.“

Das 'Rama und Lakshman'-Thema (Exil von Rama und Lakshman, ihr Kampf und Sieg über den Dämon Ravana) taucht auch im Film ‚Ich bin immer für dich da’ auf: Die Filmhelden heißen gleich Ram und Lucky/Lakshman und ihr Gegner ist der Terrorist Raghavan.
Im ‚Exil’ sind hier Lucky und seine Mutter (letztere verließ ihren Mann, als sie von seinem unehelichen Sohn Ram erfuhr). Der Vater von Ram und Lucky betreibt die Aussöhnung zwischen Indien und Pakistan, was der Terrorist Raghavan verhindern will, indem er Rams Vater umbringt und droht, auch  die Schülerin Sanjana zu ermorden. Ram hat jetzt die Doppelaufgabe, Kontakt zu seinem unbekannten Bruder herzustellen und Sanjana zu beschützen. Dazu geht er als Schüler auf deren College, bringt seinen Bruder dazu, sich vom Hippie in einen ordentlichen Inder zu verwandeln und einzusehen, dass Sanjana eine viel bessere Ehefrau abgibt als seine bisherige Freundin in den ultrakurzen Minis. Wie im Mythos ermöglicht erst Lakshmans Eingreifen Rams Sieg über Raghavan – allerdings nicht mit Pfeil und Bogen, sondern indem er Ram beim Showdown mit einem Hubschrauber vom Schuldach rettet.

Sitas Feuerprobe, also der Teil des Rama-und-Sita-Mythos, in dem Sita verdächtigt wird, nicht „rein“ geblieben zu sein und zur Prüfung auf einen Scheiterhaufen gestellt wird,  ist das zentrale Thema in ‚Fire’. Er ist kein typischer „Bollywood“-Film, weil er auf Englisch gedreht wurde, für indische Verhältnisse kurz ist (107 Minuten) und keine gesonderten Tanzeinlagen hat. Dafür lief er schon in deutschen Filmkunst-Kinos, lange bevor indische Filme hier in Mode kamen. ‚Fire’ ist der einzige der beschriebenen Filme, in dem das religiöse Fest nicht als gesonderte Gesang-und-Tanz-Szene dargestellt wird, sondern in die Spielfilmhandlung einbezogen ist.
Erzählt wird die Geschichte von Radha, die sich zunächst als gehorsame Ehefrau ihrem Mann fügt, obwohl der einen großen Teil des Einkommens aus dem Familienbetrieb – einem Imbiss, in dem Radha kocht – an seinen Guru weiter gibt. Nachdem klar ist, dass Radha keine Kinder bekommen kann, möchte ihr Mann besonders heilig sein, indem er keusch bleibt und sich weigert, mit Radha zu schlafen. (Bezeichnenderweise heißt dieser Mann Ashok, nach dem indischen König, der zunächst alles unterwarf und tötete, was er liebte, um dann ein Heiliger zu werden.)
Das Motiv der Feuerprobe wird gleich zweimal in die Filmhandlung eingeführt: Radhas Schwiegermutter sieht diese Szene des Ramayana auf ihrem Lieblingsvideo und Ashok bei einer Theateraufführung. Diese Szenen zeigen, wie die Mythen es schaffen, im indischen Alltag lebendig zu bleiben.
Radhas Lage ändert sich erst, als sie eine junge Schwägerin bekommt, die Sita heißt wie die Götttin. Sita wird ebenfalls von ihrem Mann vernachlässigt, ist aber nicht bereit, das klaglos hinzunehmen. Sita sucht Nähe und Zärtlichkeit bei Radha, die beiden werden ein Liebespaar. Als sie entdeckt werden, schlägt Ashok Radha und ihr Sari fängt Feuer. Im Gegensatz zu den Inderinnen, denen das im realen Leben geschieht, weil die Familie des Mannes mit ihrer Mitgift nicht einverstanden ist, überlebt Radha unverletzt, als Zeichen, dass ihre Liebe keine Sünde ist, „ohne Begehren gibt es kein Leben“. Radha und Sita verlassen die Familie und beginnen ein gemeinsames Leben.
In der Mythologie ist Radha die Geliebte Krishnas, die ihm die Treue hält, obwohl er mit einer anderen verheiratet ist. Beide sind ebenfalls Inkarnationen von Lakshmi und Vishnu.
Dass sich Frauen nur sexuell zueinander hingezogen fühlen, wenn ihre Männer sie nicht befriedigen, entspricht traditionellem indischen Denken (und ist in Europa als Argument auch nicht unbekannt). Wie schon Ramas Untertanen ließen sich ultrakonservative Inder nicht von der Feuerprobe beeindrucken; sie griffen Kinos an, in denen der Film lief und sprachen Morddrohungen gegen die Autorin/Regisseurin Deepa Mehta aus.

Weitere religiöse Feste
(Filme: ‚Denn meine Liebe ist unsterblich’, ‚Wer zuerst kommt, kriegt die Braut’)
Holi ist ein Vollmond-Frühlingsfest. Am zweiten Festtag werden die Schranken durch Kaste, Geschlecht, Alter und Status aufgehoben, es wird ausgelassen gefeiert (erinnert an den europäischen Karneval) und man besprengt sich gegenseitig mit gefärbtem Wasser und buntem Puder. Wegen seiner Farbenpracht und dem erotischen Charakter des Festes kommt es öfter in Filmen vor, die Tanzenden sind dann weiß gekleidet und tragen bunte Schärpen.

An Holi sollen alte Streitigkeiten beendet werden. Am ersten Festtag wird eine Strohpuppe verbrannt, die die Dämonin Holika darstellt. Holika war im Mythos die Schwester eines Königs, der seinen Sohn dazu bringen wollte, ihn zu verehren, wie es eigentlich nur Gott zusteht. Als der Sohn sich weigerte und weiterhin nur den Gott Vishnu (den Welterhalter, der uns schon als Rama begegnete) verehrte, wollte der König ihn töten. Er ließ Holika, die durch besondere Kräfte vor Feuer geschützt war, mit dem Kind auf dem Schoß ins Feuer springen, damit er verbrennen sollte. Vishnu rettete jedoch den kleinen Prinzen und ließ Holika verbrennen.
Eine zentrale Rolle spielt das Holi-Fest in dem Film ‚Denn meine Liebe ist unsterblich’. Er spielt in einem Jungen-College-Internat, dessen Schulleiter sein Wort zum göttlichen Gesetz erklärt hat (wie der mythologische König) und jeden Kontakt seiner Schüler zu Mädchen untersagt (womit er das  Gesetz der Lebenserneuerung, den erotischen Aspekt des Holi-Festes, negiert). Vor Jahren hatte sich seine Tochter in einen seiner Schüler verliebt. Der Schulleiter wollte sich eigentlich des Schülers entledigen, indem er ihn von der Schule verwies, verlor statt dessen aber seine Tochter (wie der mythologische König seine Schwester), die sich das Leben nahm. Jetzt kommt der Schüler unerkannt als Musiklehrer in die Schule zurück, bewegt die Schüler, auf sich selbst zu vertrauen und Kontakt mit den von ihnen bewunderten Mädchen aufzunehmen (der 'Club der toten Dichter' lässt grüßen). Er will damit dem Tod der Geliebten einen Sinn geben, die als Geist immer noch bei ihm ist. An Holi kommt es zur Konfrontation zwischen Held und Schulleiter, anschließend zur Versöhnung.

An Karva Chauth (9 Tage vor Diwali) fasten verheiratete Frauen in Nordwest-Indien von Sonnen- bis Mondaufgang, um für ihre Männer Gesundheit, Wohlstand und ein langes Leben zu erbitten. Bei Mondaufgang bekommen sie von ihren Verlobten oder Ehemännern rituell Wasser und Nahrung.
Es gibt mehrere Legenden, wie Frauen durch Einhalten aller Rituale dieses Tages ihre Männer gerettet haben.

Die Frauen stehen vor Sonnenaufgang auf, kleiden sich festlich und frühstücken. Dann dürfen sie keinen Tropfen Wasser und keine Nahrung mehr zu sich nehmen. Die Frauen eines Haushalts/einer Nachbarschaft verbringen den Tag miteinander, spielen, beschenken sich und erzählen sich die Legenden. Verbunden damit ist der Brauch, dass eine Braut bei der Trauzeremonie (durch die sie ja ihre Herkunftsfamilie verliert und vielleicht lange nicht wiedersehen kann) eine 'Patenschwester' bekommt, eine Frau aus dem Dorf des Ehemannes, die nicht zur Schwiegerfamilie gehört, und deswegen immer auf Seiten der Frau steht. An Karva Chauth wird auch diese Verbindung unter Frauen gefeiert.
Das Fastenbrechen wird in zwei Filmen benutzt, um die Beziehung zum Mann zu verdeutlichen: In ‚Wer zuerst kommt, kriegt die Braut’ täuscht Simran einen Ohnmachtsanfall vor, um von dem unerwünschten Verlobten kein Wasser annehmen zu müssen. Statt dessen lässt sie sich später von dem Mann füttern, den sie selbst gewählt hat.

In ‚Fire’ halten Sita und Radha das Fasten ein, aber ihre Männer kommen abends nicht heim, um ihnen zu trinken zu geben. So wird verdeutlicht, dass es nicht die Frauen sind, die ihre Eheversprechen brechen. Sie nehmen füreinander die Rollen der Ehemänner ein und reichen sich die vorbereiteten Becher.
 

Ganesh  (Roman: ‚Once Upon an Elephant’)
Für alle, die lieber lesen, als Filme zu sehen: In dem Roman ‚Once Upon an Elephant’ erzählt Ashok Mathur, was geschehen könnte, wenn sich die Geschichte des Gottes Ganesh im heutigen Kanada wiederholen würde. Im Mythos ist Ganesh der Sohn der Göttin Parvati, den sie aus sich selbst heraus erschafft. Als ihr Ehemann, der Gott Shiva, den schönen jungen Mann vor dem Badezimmer seiner Frau stehen sieht, fragt er nicht lange, sondern schlägt ihm mit dem Schwert den Kopf ab. Natürlich ist die Verzweifelung groß, als er merkt, was er da getan hat. Shiva sucht einen neuen Kopf für Ganesh und ein Elefant gibt freiwillig den eigenen Kopf. So entsteht die Gestalt des im Westen wohl bekanntsten Hindu-Gottes, der einen Elefantenkopf auf einem rundlichen Männerkörper hat.

Da bei der Verwandlung ja ein Menschenkopf und ein Elefantenkörper übrig bleiben, ruft das heutzutage erst mal die Polizei auf den Plan, ein Gerichtsverfahren folgt, in dem Ganesh beweisen muss, dass gar kein Verbrechen stattgefunden hat. Das ergibt eine witzige und spannende Geschichte, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt ist – unter anderem berichten die Ganesh-Statuen, die in verschiedenen Wohnungen stehen, welche Beziehungen sie zu den Menschen haben und wie sie die Alltagsrituale erleben. Es entsteht ein Gefühl dafür, wie viele verschiedene Personen/Gottgestalten ein Ganzes sein können. Und auch die Bollywood-Themen Romantik und Eltern kommen nicht zu kurz: der Detektiv und Ganeshs Pflichtverteidiger sind seit zwei Jahren ein Paar, aber bis der Detektiv seinen Liebsten bei den Eltern vorstellt, braucht es einige Unterstützung von Ganesh.

Schlussbemerkung
Ich hoffe, dass ich mit diesen Ausführungen etwas Interesse für indische Filme und Hinduismus bei denen wecken konnte, für die all dies neu war, und dass „Bollywood-Fans“ vielleicht einen anderen Aspekt am indischen Kinos entdecken.
Und es ist ja nicht ganz unmöglich, dass ihr, wenn ihr dies lest oder einen der erwähnten Filme seht, eine Inspiration findet, wie ihr in eurem eigenen Leben Spiritualität und Alltag enger miteinander verweben könnt ...

Erwähnte Filme:

Quellen:
Ashok Mathur: Once Upon an Elephant. A down to earth tale of Ganesh and what happens when worlds collide. Arsenal Pulp Press, Vancouver 1998
Sudhir & Katharina Kakar: Die Inder. Portrait einer Gesellschaft, C. H. Beck, München 2006
Daniel Krasa: Hindi für Bollywoodfans. Kauderwelsch Band 205,  Reise Know-How Verlag, Bielefeld 2006
http://en.wikipedia.org; Stichworte: Dasara, Durga, Jai Jagdish Hare, Kali, Rama, Sita Devi
http://de.wikipedia.org, Stichworte: Diwali, Durga, Holi, Makar Sankranti, Prasad, Puja, Swastika
(bei Wikipedia hat auch jeder erwähnte Film eine eigene Seite, derzeit (2/07) ist die Seite von „Fire“ allerdings voller Fehler)
www. bollywhat.com
www.karwachauth.com
www.hinduism.about.com
www.tourismofindia.com/TOI-German
http://festivalsindia.net
www.geocities.com/lamberdar/karva-chauth.html?200610
www.when-is.com/hindu-holidays.asp (genaue Datumsangaben für die Feste)
Hinduismus in NRW lässt sich z.B. im Hindu-Tempel in Hamm erleben: www.kamadchi-ampal.de
oder bei der Durga-Puja in Köln: www.durgapujacologne.de
 

©  2007 Anja Zimmermann



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